12
        
        
          LandKULT Ausgabe IV/2013
        
        
          Gerabronn − Portrait Ehrenbürger
        
        
          Leben und Wirken − gestern bis Heute
        
        
          Auszüge aus der Vita von Israel Landauer
        
        
          Der Sohn des jüdischen Wollhändlers und
        
        
          Kaufmann Marx Landauer wächst in
        
        
          Gerabronn auf und ist stark von seinem
        
        
          Bruder David beeinflusst, der als Ex- und
        
        
          Importkaufmann und als Schiffseigner sehr
        
        
          erfolgreich ist und in England geadelt wird.
        
        
          Auch Israel Landauer verkörpert den
        
        
          Geist der Gründerjahre, jedoch nicht nur
        
        
          deren kapitalistisches, sondern ebenso
        
        
          deren genossenschaftliches Denken.
        
        
          Schon frühzeitig erkennt er, dass unser
        
        
          verkehrsentlegenes Landstädtchen nur
        
        
          durch eine grundlegende Veränderung
        
        
          seiner Struktur Anschluss an die allge-
        
        
          meine Entwicklung finden kann und dass
        
        
          Landwirtschaft und Gewerbe des Raums
        
        
          ein aktives Zentrum braucht. (1847 zählte
        
        
          Gerabronn nur 789 Einwohner die sich
        
        
          bis 1900 auf 1392 fast verdoppeln).
        
        
          Von den Gebrüder Marx und Hayum
        
        
          Landauer (Vater und Onkel), die im
        
        
          Oberamt Gerabronn wohl zu den größten
        
        
          Händlern für Schafwolle von Inländer
        
        
          Schafen zählen, hat er bereits als Kind den
        
        
          erfolgreichen Umgang mit Handel, Geld
        
        
          und dem sozialen Miteinander erfahren
        
        
          und es zu seinem Beruf gemacht. In der
        
        
          untersetzten Gestalt dieses gelernten
        
        
          Kaufmanns stecken unermessliche
        
        
          schöpferische Energien.
        
        
          Israel
        
        
          Landauers
        
        
          Geburtshaus
        
        
          steht noch heute in der Haupt-
        
        
          straße Nr. 9 in Gerab-
        
        
          ronn und war noch als
        
        
          „Eisen Walter“ bis 2002 ein
        
        
          überregional bekanntes
        
        
          Haushaltwaren Geschäft.
        
        
          Heute steht das Haus
        
        
          leer.
        
        
          
            Schul- und Lehrjahre
          
        
        
          Landauer besucht die Volksschule
        
        
          in Gerabronn, welche er schon mit 13
        
        
          Lebensjahren verlässt um sich dem kauf-
        
        
          männische Berufe zu widmen. Die Firma
        
        
          der Gebrüder Landauer kommt im Jahre
        
        
          1854 mit ihren Geschäften in Geldnot,
        
        
          und kommt, trotz privater Unterstützung
        
        
          von Gottlob Fr. Egelhaff, in ein Gant-
        
        
          verfahren, das seinen Vater mit Familie
        
        
          schwer trifft.
        
        
          
            Die Bankausbildung
          
        
        
          Im Frühjahr 1857 wird er Lehrling, in
        
        
          demmit einer Handelslehranstalt verbun-
        
        
          denen Detailgeschäft von Em. Häberle zu
        
        
          Ludwigsburg. Er besteht das so genannte
        
        
          Kommissionsexamen auf dem Rathaus
        
        
          in Ludwigsburg. Hierauf erhält Lan-
        
        
          dauer eine Kommissionsstelle in einem
        
        
          Stuttgarter Bankgeschäft, wo er sich drei
        
        
          Jahre lang weiterbildet. Es folgte eine
        
        
          Anstellung in Frankfurt und so wird er
        
        
          schon in jungen Jahren ein wirtschafts-
        
        
          orientierter und geschickter Bankkauf-
        
        
          mann. In Stuttgart und Frankfurt hat er
        
        
          sich eifrig dem Vereinsleben gewidmet
        
        
          und pflegt neben der geistigen beson-
        
        
          ders auch die körperliche Ausbildung.
        
        
          Nach der Rückkehr nach Gerabronn
        
        
          hat er als junger Mann seine öffentliche
        
        
          Tätigkeit mit der Gründung des Turn-
        
        
          vereins begonnen. Dieser Impuls
        
        
          ist die erste Grundlage, zur
        
        
          Hebung der kleinen, rück-
        
        
          ständigen und schwachen
        
        
          Gemeinde.
        
        
          
            Der Turnverein
          
        
        
          Mit 20 Jahren hat er im September
        
        
          1863 zusammen mit Markus Rückert,
        
        
          F. Rühling, Fr. August Meyer den
        
        
          Turnverein gegründet. Die allgemeine
        
        
          Stimmung in Gerabronn war dem neu
        
        
          gegründeten Verein keineswegs gün-
        
        
          stig, es hieß, schon damals: „Des hewe
        
        
          mer friher net ghot, jetz brauche mers a
        
        
          net“. Der Vereinsgrundsatz „Gesunder
        
        
          Geist in gesundem Körper“ erweist sich
        
        
          indes als so werbend, und der Verein
        
        
          gewinnt unter seiner Leitung Einfluss
        
        
          und Ansehen, sodass schon 1876 der
        
        
          Verein eine eigene Turnhalle einweihen
        
        
          kann, und zwar die
        
        
          
            erste vereinseigene
          
        
        
          
            Turnhalle
          
        
        
          in ganz Deutschland.
        
        
          
            Zurück in Gerabronn
          
        
        
          Finanzelle Vorsorge und Sicherheit ist
        
        
          Landauer von Anfang an wichtig, und
        
        
          so erbaut er 1865, vermutlich mit seinem
        
        
          Vater das Anwesen Untergasse Nr. 9 das
        
        
          er 1891 an Johann Hähnlein verkauft und
        
        
          das dann 1904 von Bäckermeister Johann
        
        
          Philipp erworben, und zu einer Bäckerei
        
        
          umgebaut wird. Von der Tätigkeit Lan-
        
        
          dauers auf wirtschaftlichem Gebiet ist
        
        
          zunächst die durch ihn, und seinem
        
        
          väterlichen Freund Gottlob Egelhaaf, im
        
        
          Jahre 1869 erfolgte Gründung der Land-
        
        
          wirtschafts- und Gewerbebank Gerab-
        
        
          ronn als Bezirks-Bank hervorzuheben.
        
        
          Als 1. Kassier beginnt er am 1. Juli 1869
        
        
          seine Laufbahn in dieser Bank. Er ver-
        
        
          mietete der Bank einen Raum als erstes
        
        
          Banklokal, in dem ihm gehörenden Haus
        
        
          Hauptstraße 8  (ehemals Haalamt). Hier
        
        
          wird auch bis 1855 der Betsaal und die
        
        
          Judenschule im Obergeschoss des rück-
        
        
          wärtigen Anbaus untergebracht. Die
        
        
          Mikwe (das Frauenbad) war bis 1838 in
        
        
          dem Haus Untergasse 18 untergebracht.
        
        
          Quelle:
        
        
          Aus dem Konzept von Erwin Seckel